Tag 36 – Trekking-Tour in Sapa
Auf die Trekking-Tour in Sapa hatte ich mich schon sehr lange gefreut. Seit unsere Freunde, Marina und Martin aus Berlin, mir im Frühjahr von ihrer Tour aus dem Vorjahr vorgeschwärmt hatten. Von ihnen hatte ich auch den Kontakt zu der Wanderführerin. Vielen lieben Dank dafür.
Um halb 6 Uhr morgens kam ich mit dem Zug in Laò Caì an, einer Stadt mit über 600.000 Einwohnern nordwestlich von Hanoi. Von dort aus musste ich einen Bus nach Sapa nehmen. Ich hatte online gelesen, dass es einen oder sogar mehrere öffentliche Busse gab, die zu finden, aber nicht so einfach sei, da auf dem Weg dorthin viele “Helfer” lauerten, die einem vermeintlich kostengünstige Shuttles anböten oder sogar behaupteten, der Bus würde an diesem Tag nicht fahren.
Als ich mit nur einem vietnamesischen Fahrgast in den Bus einstieg, war ich mir nicht sicher, ob ich das richtige tat, aber nach einigen Stopps, um weitere Einheimische einzusammeln, kamen wir eine Stunde und 15 Minuten später in Sapa an.
Dort rief ich meinen Guide, Chi, an, die eine halbe Stunde später von ihrem Mann auf dem Motorrad gebracht wurde. Zuerst ging es zu ihrer Schwester, wo ich meinen großen Rucksack lassen konnte und dann konnte die Tour losgehen.
Leider war es am Vormittag sehr neblig, sodass ich die hügelige Landschaft und die Reisfelder zuerst nur erahnen konnte. Zum Glück wurde das Wetter aber im Laufe des Tages immer besser.
Als wir uns etwa eine halbe Stunde einen verschlammten Hügel hochgearbeitet haben, bemerkte ich, dass wir von einer älteren Dame in traditioneller Tracht verfolgt wurden. Sie blieb immer ein paar Schritte hinter uns und überholte nicht, auch nicht, wenn wir kurz anhielten.
Chi erzählte mir, dass sie uns bis zum Mittagessen folgen werde, um dann zu versuchen, mir etwas zu verkaufen. Es gäbe aber die Möglichkeit, ihr sofort zu sagen, dass ich nichts kaufen werde, was ich dann auch tat und sie somit zur Umkehr zwang. Komische Masche…
Chi erzählte mir sehr interessante und schockierende Geschichten aus ihrem Leben. Mit 13 Jahren wurde sie an einen ihr unbekannten Jungen verheiratet und da sie sich weigerte, mit ihm zu gehen, entführt und im Haus ihrer Schwiegereltern festgehalten. Diese sahen aber nach ein paar Tagen ein, dass das Mädchen zu jung war, eine Familie zu gründen und ließen sie für 3 Jahre zurück zu ihren Eltern ziehen. Mit 16 musste sie dann endgültig ihr Elternhaus verlassen und mit 17 bekam sie ihr erstes Kind. Das war nun 11 Jahre her.
Faszinierend war, dass sie das ohne jegliche Traurigkeit erzählte, als wäre es das Normalste der Welt, was wohl auf ihre Welt auch zutrifft.
Sie führe eine glückliche Ehe, erzählte sie weiter. Ihr Mann bringe sie sogar nach Hause, wenn sie mal zu viel Happy Water getrunken hatte und schlug sie nie. Happy Water wird der Reiswein genannt, den die Vietnamesen in der ländlichen Gegend um Sapa den Erzählungen nach in rauen Mengen und zu jeder Gelegenheit trinken. Besondere Tradition hat ein bestimmtes Spiel, das bei Beerdigungen gespielt wird. Ich habe es nicht im Detail verstanden, aber im Grunde werden Frauen von Männern zu einem Glas Happy Water aufgefordert, was in einem großen Besäufnis endet.
Die Zeit verging wie im Flug. Mittags kehrten wir in einem Dorf ein, wo es von Touristen nur so wimmelte. Überall wurde gebaut und ich war froh, dass ich nicht in einem der “Homestays” übernachtete, die zum Teil große Gästehäuser waren, sondern direkt bei einer einheimischen Familie.
Wieder etwas abseits der Hauptpfade balancierten wir auf den Rändern von Reisfeldern und nahmen einen schönen Umweg über einen Hügel durch den Wald.
Am Nachmittag erreichten wir das Dorf und das Haus, in dem wir übernachten wollten.
Eigentlich war es mehr eine Hütte, denn die Wände bestanden nur aus Brettern und der Boden aus Lehm.
Es gab eine Feuerstelle und daneben eine Wasch- und Spülstelle, zu der ein Wasserschlauch vom
Bach, der am Haus vorbeifloss, durch einen Spalt in der Bretterwand nach innen gelegt worden war. Außerdem befanden in einem abgetrennten Teil der Hütte drei Betten, auf denen einer dünnen Matte und Wolldecken lagen und jede Menge Reissäcke. Aufgrund der Höhe von 1.600 m und mehr kann in Sapa nur einmal jährlich Reis geerntet werden. Somit muss der Vorrat für ein ganzes Jahr und drei Mahlzeiten täglich reichen.
Die Tatsache, dass es in der Gegend im Sommer große Mengen regnet und im Winter Schnee haben kann und die Temperaturen unter 0 Grad sinken, lässt die Lebensverhältnisse noch problematischer wirken. Die Leute wirken aber vollkommen zufrieden damit. Mein Guide erzählte, dass sie gerade ein Haus bauten, das natürlich aus Holz sei, denn Stein sei viel schlechter.
Als ich da war, sanken die Temperaturen auf etwa 10°, aber am Feuer war es trotzdem sehr gemütlich. Es wurde gemeinsam gekocht und immer wieder schauten Leute aus der Nachbarschaft auf einen Schwatz vorbei.
Zu Essen gab es gebratenen Tofu mit Tomaten, Schweinefleisch mit Zwiebeln, Hühnerfleisch und grünes Gemüse, ähnlich unserem Spinat und natürlich gekochten Reis.
Nach dem Essen wurde Happy Water serviert, wovon ich einige Stamperl trinken musste, wodurch ich wenigstens gut schlafen konnte.
Tag 37 – Trekking-Tour in Sapa
Ich wurde schon vor 6 Uhr von nicht enden wollendem Gockelgekrähe geweckt – es gab wohl sehr viele Hähne in der Nachbarschaft.
Zum Frühstück gab es Hühner-, Schweine und Rindfleisch mit Reis. Nichts für jeden Tag, aber einmal ging das schon. Chi musste leider zurück nach Sapa, weil sie noch eine andere Kundin hatte, aber ihre Cousine kam und begleitete mich am zweiten Tag.
Wir hatten gerade das Haus verlassen, als sie meinte, sie müsse sich noch kurz von ihrem Mann verabschieden, der beim Nachbarn säße. Eine Minute später saßen wir mit 7 oder 8 anderen Personen an einem Tisch und uns wurde Reiswein eingeschenkt – um 9 Uhr morgens.
Es war nicht da erste Glas, das die Runde hob und es wurden schon laute Gespräche geführt und viel gelacht. Ich verstand natürlich nicht, worum es ging und schaute mir deshalb den Hof an, auf dem gerade gebaut wurde und Kinder spielten. Nach einer halben Stunde, die Cousine hatte sicher 4 oder 5 Schnapsgläser Reiswein intus, machte ich mich bemerkbar und zum Glück verstand sie, dass ich die Wanderung starten wollte, denn schließlich hatten wir top Wetter, was eine bessere Aussicht als am Vortag versprach.
Es ging steil bergauf und nach etwa 1,5 Stunden erreichten wir einen abgeschiedenen Wasserfall.
Danach ging es zu einem Aussichtspunkt und von dort über einen zweiten Wasserfall zum Mittagessen in ein wieder sehr touristisches Dorf.
Mit einem Kleinbus fuhren wir zusammen mit anderen Touristen zurück nach Sapa. Bei Chis Schwester wurde mir eine heiße Dusche versprochen, was sich dann aber als heißes Wasser in einem Eimer mit einer Schüssel, mit der ich mich übergießen konnte, herausstellte :D.
Ich war vielleicht doch etwa voreilig, als ich geschrieben habe, dass Vietnam weit entwickelter sei, als Myanmar. Der ländliche Raum rund um Sapa ist es definitiv nicht.
Mein Fazit zum Trekking in Sapa
Die Gegend ist schön, aber auch ganz schön verbaut und es entstehen weitere Hotels, Straßen und Restaurants in den kleinen Dörfern, worunter der Charme der ländlichen Idylle sehr leidet. Es gibt sicher Gebiete im Norden Vietnams, die Ähnliche zu bieten haben, aber noch ursprünglicher sind.
Ich war nicht zur Hauptsaison dort und hatte mit meiner Tour sehr viel Glück bzw. eine gute Empfehlung, denn durch die Übernachtung direkt bei der Familien in der Hütte wurde der Ausflug zu etwas ganz Besonderem.
Hi Elli,
hast du noch einen Kontakt von CHI?
Beste Grüße
Anja
Hallo Anja,
ich habe gerade geschaut und habe den direkten Kontakt leider nicht mehr gefunden, aber ich habe über Sapa Sisters (https://sapasisters.com/) gebucht.
Liebe Grüße,
Elli